Am Märkischen Gymnasium kannst du das Fach Praktische Philosophie ab Klasse 5 für die Dauer der Sekundarstufe I als Ersatzfach für den christlichen Religionsunterricht belegen. In der Oberstufe werden Religion und Philosophie als unabhängige Kurse angeboten. Du kannst also auch beides wählen. Verpflichtend ist aber nur, für die Dauer der Einführungs- und Qualifikationsphase 1 entweder den Religions- oder den Philosophieunterricht zu besuchen.
Derzeit unterrichten das Fach an unserer Schule: Frau Bakir, Frau Bonn, Herr Brüggemann, Frau Münstermann und Frau Niggemann.
Was ist Philosophie und weshalb lohnt es sich, sich mit ihr zu beschäftigen?
„Sie stellte fest, dass man Philosophie im Grunde nicht lernen kann,
aber vielleicht, dachte sie, kann man lernen, philosophisch zu denken.“
(aus dem Roman Sophies Welt)Der Philosophie-Professor Ekkehard Martens nennt es eine menschliche Kulturtechnik und Grundfertigkeit vergleichbar mit Lesen, Schreiben und Rechnen, philosophieren zu können. Was also ist damit gemeint und wie kann man diese Fertigkeit erlernen?
Das deutsche Wort „Philosophie“ ist ein aus dem Altgriechischen stammendes Fremdwort und bedeutet übersetzt so viel wie „Liebe zur Weisheit, zum Wissen“. Damit ist freilich recht wenig darüber ausgesagt, was die Philosophie ausmacht, denn „Wissen“ gibt es ja in allen Fächern und Themenbereichen zu erwerben.
Vielleicht kann hier der berühmte deutsche Philosoph Immanuel Kant weiterhelfen. Kant stellte sich vor, dass Philosophieren unter drei Voraussetzungen stattfinden kann: Der Anspruch ist erstens, selbst zu denken (und sich zum Beispiel nicht von Lehrkräften das Denken abnehmen lassen ;-)), zweitens sich in alle Beteiligten an einer Problemstellung hineinzuversetzen, also alle Positionen zu berücksichtigen und drittens keine Widersprüche im eigenen Denken zuzulassen.
Klingt einfach? Denken kannst du schon, seit du denken kannst?
Ja und nein. Es stimmt schon: Kleine Kinder, die noch nie eine Schule besucht oder ein Buch gelesen haben, sind oft großartige Philosophen und Philosophinnen, weil sie die Welt und Dinge in der Welt hinterfragen, die Älteren längst selbstverständlich geworden sind. Und auch dies ist etwas, das Philosoph*innen ausmacht.
So könnte ein kleines Kind etwa die folgenden philosophischen Fragen stellen: Warum gibt es Kriege? Was ist Liebe? Warum darf ich meinen Bruder nicht hauen? Warum muss ich in die KiTa, wenn ich nicht will? Warum leben nicht alle Menschen gleich? Was denkt ein Hund? Warum ist der Himmel blau?
Andererseits ist das Stellen großer Fragen nur der erste Schritt; wenn es an die Antworten geht, wird’s kompliziert. Im Philosophieunterricht lernst du deshalb Methoden, um komplexe Probleme systematisch zu durchdenken, Argumente in ihrer Qualität zu beurteilen und deine eigene Meinung sachlich fundiert (= gut begründet) und sprachlich präzise (= möglichst genau und unmissverständlich) darzustellen.
Was sind die Themen, die in der Philosophie systematisch durchdacht werden?Die oben genannten kindlichen Fragen scheinen alle aus unterschiedlichen Bereichen zu stammen, helfen uns also immer noch nicht, das inhaltliche Wesen der Philosophie besser greifen zu können. Auch hierzu lässt sich – wie so oft, wie du feststellen wirst, wenn du dich der Philosophie zuwendest – Immanuel Kant bemühen. Nach Kant lassen sich alle philosophischen Fragen diesen vier Grundfragen der Philosophie zuordnen:
– Was soll ich tun?
– Was kann ich wissen?
– Was darf ich hoffen?
– Was ist der Mensch?Und wenn du die folgenden Fragen, die dir im Laufe deine Schulzeit am MGS im Fach Praktische Philosophie begegnen könnten, betrachtest, scheint dies auch zu stimmen:
– Ist Lügen immer falsch?
– Wer bin ich, was macht mich aus?
– Wie will ich mein Leben gestalten?
– Warum gibt es Streit und Gewalt?
– Wie sollten wir mit der Natur umgehen?
– Was ist die Wirklichkeit?
– Ist es in Ordnung, dass wir Menschen Tiere in Zoos oder als Haustiere halten?
– Wie soll man mit Konflikten umgehen?
– Gibt es Gott und ein Leben nach dem Tod?
– Gibt es eine Seele?
– Was unterscheidet den Menschen von anderen Lebewesen?
– Woher kommt die Welt?
– Was brauche ich, um ein gutes Leben zu führen?
– Können wir die Welt mit unseren Sinnen erkennen?
– Soll man alles den Armen spenden, was man selbst nicht zum (Über-)Leben braucht?
…
Und wozu das alles? Wozu sollte ich mich mit solchen Fragen beschäftigen?
Der britische Philosoph Stephen Law, der mehrere Kinder- und Jugendbücher über große philosophische Themen verfasst hat, beantwortet die Wozu-Frage eindringlich und umfassend, sodass wir uns ihm nur anschließen können:
„Das praktische Philosophieren fördert wichtige Fertigkeiten des Denkens, die wir alle brauchen, wenn uns an Wahrheit gelegen ist. Sie sind gut auf andere Gebiete übertragbar und veralten nie. Die Fähigkeit, etwa einen logischen Fehler zu entdecken oder ein Argument klar vorzutragen, werden wir immer brauchen können. […] Philosophische Fertigkeiten, logisches oder kritisches Denken etwa, sind auch in anderer Hinsicht von praktischem Nutzen. Sie machen uns immun gegen Tricks von Politikern, medizinischen Quacksalbern, Gebrauchtwagenhändlern, Holocaust-Leugnern, Lifestyle-Gurus und sonstigen Blendern. Es gibt gewisse Grundfehler, die uns allen unterlaufen, wenn wir Wahrscheinlichkeiten abwägen oder Schlüsse ziehen, und schon ein wenig Erfahrung mit philosophischem, kritischem Denken kann dazu beitragen, uns weniger anfällig zu machen.“
Literaturangaben zum Text auf dieser Homepage und zum Weiterlesen:
➢ Jostein Gaarder: Sophies Welt. Roman über die Geschichte der Philosophie, München 2000.
➢ Ekkehard Martens, Methodik des Ethik- und Philosophieunterrichts. Philosophieren als elementare Kulturtechnik, Hannover ²2005.
➢ Immanuel Kant: Werke XII: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1800), Frankfurt 1964, S. 549.
➢ Stephen Law: Philosophie, übersetzt von Klaus Binder und Bernd Leineweber, München 2008.
➢ Stehpen Law: Philosophie. Abenteuer Denken, Würzburg 2002 (engl. Original 2000).
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