„Jede neue Sprache ist wie ein offenes Fenster, das einen neuen Ausblick auf die Welt eröffnet und die Lebensauffassung weitet“. So formulierte es einst der amerikanische Schriftsteller Frank Harris (1856-1931). Welche Sprachen man in seinem Leben lernt, welche „neuen Ausblicke“ auf die Welt sich einem „eröffnen“, beginnt jedoch in der Regel nicht mit einer eigenen Entscheidung, sondern mit den Vorgaben des schulischen Curriculums. Die heute unverzichtbare Weltsprache Englisch nimmt dabei natürlich den ersten Rang ein, aber was kommt danach?
Jedes Jahr stehen Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern vor der schwierigen Entscheidung, welche weiterführende Fremdsprache sie am Ende der Klasse 6 auswählen sollen. Entscheidet man sich für Latein, die klassische Bildungssprache mit ihrem für viele Studiengänge relevanten Abschluss, dem Latinum, oder doch lieber für Französisch, die Landessprache unseres wichtigsten europäischen Partners und Muttersprache von ca. 300 Mio. Menschen weltweit (Tendenz steigend)?
Einige besonders sprachbegabte Schülerinnen und Schüler aus der Mittelstufe des Märkischen Gymnasiums haben diese Auswahl gar nicht erst getroffen und sich stattdessen bewusst für beide Sprachen entschieden: Im sogenannten „Drehtürmodell Sprachen“ lernen sie Latein und Französisch gleichzeitig. „Drehtür“ bedeutet hierbei, dass sie die Hälfte der Unterrichtszeit im Latein- die andere Hälfte im Französischkurs verbringen. Begleitet werden sie dabei von ihren Lehrkräften Susanne Hamm (F) und Henrik Weiß (L), die mit ihnen im ersten Lernjahr in einer zusätzlichen Nachmittagsstunde die jeweils verpassten Unterrichtsinhalte aufarbeiten und auch danach bei allen fachlichen Fragen zur Seite stehen. Das Drehtürmodell wird am MGS im Rahmen einer individuellen Begabtenförderung denjenigen Schülern angeboten, die sich im Regelunterricht mit seinen notwendigen Übungseinheiten und Wiederholungsschleifen womöglich langweilen können. So bleiben sie in ihrem Geist gefordert und motiviert und können ihr volles Potenzial ausschöpfen.
Zurzeit nehmen 6 Schülerinnen und Schüler am Drehtürmodell teil: Johanna Sommerfeld (7d), Ria Liedtke (8c), Magalie Bansemir (8d), Nadda El Kishawi und Leonard Roffka (9b). Leon Busch (Q1) verdient besondere Erwähnung, weil er außerhalb der Unterrichtszeit noch im Einzelunterricht Altgriechisch lernt. Die zusätzliche Belastung meistern die Schüler bislang mit Bravour. Ab dem zweiten Lernjahr erarbeiten sie sich die versäumten Unterrichtsinhalte in der Regel selbständig und das mit guten, meist sogar sehr guten Ergebnissen.
Das gelingt ihnen natürlich nur mit schneller Auffassungsgabe, Organisationstalent, Disziplin, Fleiß und vor allem: Freude an der Sache. Sprachenlernen wird im Rahmen des Drehtürmodells aber mehr als nur als ein Mittel zum Zweck, mehr als eine notwendige Studienqualifikation oder ein nützliches Kommunikationsmedium vermittelt: Es ist die Begegnung und Auseinandersetzung mit einer ganz eigenen Welt, auf die man sich mit Freude und Interesse einlassen muss. Dabei ist es ganz gleich, ob diese Welt in der Vergangenheit oder in der Gegenwart liegt; wichtig ist vielmehr, dass sich die eingangs im Zitat erwähnte „Lebensauffassung weitet“. Erst dann, wenn junge Menschen dieses Ziel erreichen, ist Sprachenlernen am Gymnasium im besten Sinne allgemeinbildend.