„Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder mit den Verbrechen des Nationalsozialismus auseinandersetzen“, steht für Bürgermeister Stephan Langhard fest. Denn ihn erschrecke, dass es trotz einer Fülle von Informationen über diese schlimme Zeit heute – noch oder wieder – viel Unkenntnis gäbe oder und ein nicht ungefährliches Halbwissen.
Neben der zum Unterrichtsstoff gehörenden Befassung mit der Nazi-Zeit arbeitet am Märkischen Gymnasium Schwelm die AG Lokalgeschichte/Stolpersteine seit vielen Jahren aktiv dem Vergessen entgegen. Mit ihren Recherchen, Aktionen und Veranstaltungen erinnert sie an frühere jüdische Bürger/innen in Schwelm, von denen viele dem Holocaust zum Opfer fielen, und setzt sich dezidiert mit dem deutschen Terrorregime der Jahre 1933-45 und seinen Folgen auseinander.
Besonders wachsam reagierten die jungen Gymnasiast/innen im vergangenen Herbst, als eine Frau namens Jana aus Kassel bei einer Querdenker-Demo in Hannover äußerte, ihrer Meinung nach sei sie die Sophie Scholl des 21. Jahrhunderts, da sie seit Monaten im Widerstand aktiv sei. Diese Aktion löste in der AG in Schwelm heftige Diskussionen aus. Die Schüler/innen spürten sofort das Unstatthafte dieses Vergleichs einer Demo-Rednerin mit Sophie Scholl, die um den Preis des eigenen Lebens zum Widerstand gegen das mörderische Nazi-Regime aufrief.
Der Aufklärung verpflichtet, erarbeiteten die AG-Mitglieder in der Folge eine Ausstellung, die zeigt, wie wichtig der Widerstand der, Weißen Rose‘ war und wie sich deren Arbeit deutlich vom oppositionellen Querdenker-„Widerstand‘ abgrenzt.
Nach einer ersten Präsentation im Schwelmer Amtsgericht am 9. November 2021 wird die Ausstellung „Sophie Scholl – ein wahres Vorbild in unserer Zeit“ derzeit im Atrium des Märkischen Gymnasiums gezeigt, wo Bürgermeister Stephan Langhard sie besuchte und sich über die in der Tat bemerkenswerte Präsentation mit Schulleiterin Katharina Vogt und Gabriele Czarnetzki austauschte, die zusammen mit Anke Buetz die AG Lokalgeschichte/Stolpersteine leitet.
Das Erinnern an Sophie Scholl ist für den Bürgermeister auch wichtig, „weil es aufzeigt, dass es neben ungezählten Täter/innen und Mitläufer/innen doch auch immer wieder Menschen gegeben hat, die sich auch bei Lebensgefahr dem Terror nicht gebeugt haben“.
Stephan Langhard würdigte die geistige Wachheit der AG-Schüler/innen, die auch in einer Zeit der dreisten Fake News und Geschichtsverdrehungen genau hinhören und sich nur an Fakten orientieren. Das zeuge vom unbedingten Willen zur Wahrheit und Redlichkeit. Das Stadtoberhaupt: „Mit dieser Ausstellung beweist die Stolpersteingruppe einmal mehr, wie deutlich sie Geschichte aufarbeitet. Die Präsentation unterstreicht, dass Sophie Scholl und ihre Mitstreiter keine Randnotiz der Geschichte wurden, sondern bis heute in unsere Gegenwart hineinwirken und uns mahnen, uns gegen die politisch gewollte Ausgrenzung und hasserfüllte Verfolgung von Menschen zu wehren und anderen zu helfen, die verunglimpft und attackiert werden“.
Text: Heike Rudolph
Anmerkung: Dass die AG Lokalgeschichte/Stolpersteine mit ihrer Arbeit nicht nur in Schwelms Stadtgeschichte hineinwirkt, sondern weitere Kreise zieht, zeigt sich auch daran, dass der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund – Volker Schmerfeld-Tophof, selbst ehemaliger Schüler des Schwelmer Gymnasiums – auf die Ausstellung „Sophie Scholl“ aufmerksam wurde und Kontakt zu Anke Buetz aufgenommen hat. Am Landgericht Dortmund arbeitet die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von NS-Verbrechen.