„Wir denken heute an Ruchla!“ Viele Bürger gedachten in Schwelm der Opfer des Holocaust

1996 führte der frühere Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar als bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Holocaust ein. Seit über 20 Jahren versammeln sich Schwelmerinnen und Schwelmer zu diesem besonderen Gedenken am Gedenkstein für die früheren Schwelmer Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens in der Südstraße 7.

Auch nach der Pandemie nahmen jetzt wieder zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aus allen Generationen an diesem besonderen Gedenken mit abschließender Kranzniederlegung teil, das – wie schon in früheren Jahren – von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft „Lokalgeschichte/Stolpersteine“ des Märkischen Gymnasiums mitgestaltet wurde.

Die Schülerinnen und die stellvertretende AG-Leiterin, die Lehrerin Susanne Hamm, rückten das Schicksal der Kinder vom Bullenhuser Damm in den Mittelpunkt, über die derzeit eine ergreifende Ausstellung im Gymnasium zu sehen ist.

Zu sieben der 20 jüdischen Kinder, die nach grauenhaften medizinischen Experimenten im Konzentrationslager Neuengamme zusammen mit zwei Häftlingsärzten und zwei Häftlingspflegern kurz vor Kriegsende in einem nicht genutzten Schulgebäude in Hamburg ermordet wurden, trugen sie die Vitae dieser kurzen Leben vor, die in europäischen Städten begannen und über die Deportation nach Auschwitz 1945 am Bullenhuser Damm endeten.

Nicht nur durch Worte wurde das Dasein der Kinder beglaubigt, sondern auch durch Fotos von ihnen. Erinnert wurde auf diese Weise an die kleine Ruchla (9) aus Polen und den siebenjährigen Sergio aus Italien, an Jaqueline Morgenstern (12) aus Frankreich und die Brüder Eduard (12) und Alexander (8) Hornemann aus den Niederlanden. 

Die zu Herzen gehende Vorstellung der Kinder endete stets mit den Worten: „Wir denken heute an“ und den Vornamen der Mädchen und Jungen. Und wieder, wie so oft, wenn man sich mit den ungeheuerlichen Verbrechen aus der Zeit der Nationalsozialismus befasst, spürt man das Monströse dieser Untaten und die tiefe Trauer darüber, dass die Opfer ihr Leben nicht leben durften. Mit gelben Rosen säumte die AG den Gedenkstein an der Südstraße.

„Nach wie vor ist es wichtig“, so Bürgermeister Stephan Langhard in seiner Ansprache, „die Erinnerung an die verfolgten und ermordeten jüdischen Bürger zu pflegen und die Ausgrenzung von Mitmenschen nicht zu dulden.

„Wir alle haben gehofft“, so das Stadtoberhaupt, „dass die Aufklärung der ungeheuerlichen Verbrechen während des Nationalsozialismus auch unweigerlich zur endgültigen Ächtung dieser Untaten führen müsste. 

Wir haben aber lernen müssen, dass diese Verbrechen bis heute von nicht wenigen Menschen verharmlost oder gar geleugnet werden. Hass und Ablehnung von Mitmenschen scheinen einfach nicht aus der Welt zu wollen. Minderheiten leben immer noch gefährlich, und Vorurteile führen nach wie vor zu schwerwiegenden Ausgrenzungen für die Betroffenen“. 

Die tiefe Erschütterung, die uns noch heute bei der Auseinandersetzung mit den Verbrechen der nationalsozialistischen Zeit erfasse, dürfe uns aber keinesfalls handlungsunfähig machen.

Es gebe eine Fülle von Alarmsignalen, die uns aufrütteln sollten, weil sie den Boden bereiten könnten für schlimme Entwicklungen, so jede Form von Fanatismus oder rücksichtslosem Machtbewusstsein und die Versuche, die Rechtsordnung außer Kraft zu setzen und freie Medien zum Schweigen zu bringen.

Stephan Langhard: „Zu den Alarmsignalen gehören aber auch einige unserer Verhaltensweisen – ich meine Trägheit oder Gleichgültigkeit gegenüber dem gesellschaftspolitischen Geschehen. So zeigt eine Studie der Jewish Claims Conference, dass 23 Prozent der 18- bis 40-jährigen Niederländer den Holocaust für einen Mythos oder für stark übertrieben halten. Auch nehmen wir ja derzeit in vielen Bereichen der Gesellschaft eine deutliche Tendenz zur Aggressivität wahr, die das zwischenmenschliche Klima sehr behindern kann und den Wertezusammenhalt der Menschen arg auf die Probe stellt“.

Es liege an uns allen, einen klaren Wertekompass auszubilden und mit fester Haltung für Mitmenschlichkeit einzustehen. 

Der Bürgermeister: „Die Demokratie, die unsere Lebensversicherung ist, braucht uns nicht – aber wir brauchen sie!

[Pressemitteilung der Stadt Schwelm vom 30.01.2023]

Papiereinsparung, Umweltdetektive und Zu-Fuß-zur-Schule-Aktion: Schwelmer KiTas und Schulen für Klimaschutz belohnt

Im April 2021 wurde das geförderte Projekt „Einsparmodelle in Schwelmer Schulen und Kindertagestätten“ öffentlich vorgestellt. Im September desselben Jahres legte man im Rathaus im Rahmen einer Auftaktsitzung die weiteren Schritte fest, damit das Projekt in den Grundschulen Nordstadt und Engelbertstraße, Ländchenweg und St. Marien sowie am Märkischen Gymnasium und in der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule, an den städtischen Kitas Mühlenweg und Stadtmitte und natürlich auch am Hort Fahrt aufnehmen konnte.

Am geförderten Projekt „Einsparmodelle in Schwelmer Schulen und Kindertagestätten“ nehmen die Grundschulen Nordstadt und Engelbertstraße, Ländchenweg und St. Marien teil sowie das Märkische Gymnasium, die Dietrich-Bonhoeffer-Realschule und die städtischen Kitas Mühlenweg und Stadtmitte und natürlich auch der Hort. Nun blickten Leitungen und Lehrer*innen der Bildungseinrichtungen zusammen mit Bürgermeister Stephan Langhard, dem 2. Beigeordneten Marcus Kauke und Verwaltungsfachleuten auf das erste gemeinsame Projektjahr zurück. „Kommunizieren Sie die Erfolge“, riet Verena Zimara, B.A.U.M. Senior Consult (vorne 4.v.r.), den Schulen und Kindertagesstätten, „denn es ist wesentlich, dass möglichst viele Menschen erfahren, was Ihre großartigen Maßnahmen erbracht haben“. Fotos: Stadtverwaltung Schwelm / Heike Rudolph

Nun blickten die Beteiligten auf das erste gemeinsame Projektjahr zurück, und zwar im Rahmen einer sogenannten Bonus-Veranstaltung in den Räumen der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule.

Denn die Stadt Schwelm belohnte die teilnehmenden Einrichtungen für ihr Engagement für den Klimaschutz. Sie erhielten den Lohn in Form einer Urkunde und einer Bonuszahlung – 500 Euro für jede teilnehmende Schule und je 250 Euro für die Kindertagesstätten.

Grundlage der Boni sind neben technischen und organisatorischen Optimierungen, die Energieverbräuche senken sollen, insbesondere pädagogische Ansätze, die Kindern und Jugendlichen den bewussten und nachhaltigen Umgang mit begrenzten natürlichen Ressourcen nahebringen. Die Bildungseinrichtungen werden von dem Beratungsbüro B.A.U.M. Consult aus Hamm begleitet, geschult und bei der Umsetzung von Projekten unterstützt. 

Die Klimaschutzmaßnahmen im ersten Projektjahr können sich sehen lassen: In vielen Klimaschutzbereichen wurden Ressourcen nachhaltiger eingesetzt oder Emissionen vermieden. Allen die Umstellung auf Online-Kommunikation (u.a. bei der Elternpost) erbrachte eine Einsparung beim Papierverbrauch von zusammen 100.000 Blatt im Jahr. 

Hervorzuheben ist die Bewusstseinsschärfung und Sensibilisierung der Kinder und Jugendlichen durch verschiedene Aktionen. Ob in den Bereichen Biodiversität durch Basteln und Aufhängen von Nistkästen oder umweltfreundliche Mobilität durch Aktionen wie „zu Fuß zur Schule“ oder die Bildung von Umweltteams in den Kollegien und die Ernennung von Energiedetektiven in Klassen – die Kreativität der pädagogischen Klimaschutzmaßnahmen ist vielfältig.

„Kommunizieren Sie diese Erfolge“, riet Verena Zimara, B.A.U.M. Senior Consult, den Schulen und Kindertagesstätten, „denn es ist wesentlich, dass möglichst viele Menschen erfahren, was diese tollen Maßnahmen erbracht haben“. 

Das vierjährig angelegte Projekt ist ein Projekt aus dem stadteigenen Energiekonzept und wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bund gefördert.

[Pressemitteilung der Stadt Schwelm]

Glücklicher Gewinner!

Jonas berichtet von seinem Gewinn beim mathematischen Adventskalender 2022:

Im Dezember fragte unsere Mathelehrerin Frau Rensing uns, ob wir am Wichtelrätsel „Mathe im Advent“ teilnehmen möchten. Einigen Mitschüler*innen gefiel dieser Vorschlag sofort sehr gut. Auch ich habe mich spontan dafür gemeldet, da Mathematik eines meiner Lieblingsfächer ist. Alle Schüler*innen aus der Klasse bekamen einen digitalen Zugang und so konnten wir uns direkt beim bundesweiten Wettbewerb „Mathe im Advent“ anmelden.

Von nun an mussten jeden Tag im Dezember Knobelaufgaben (sogenannte Wichtelaufgabe) gelöst werden. Teilweise waren die Aufgaben einfach und teilweise musste man richtig überlegen. Da ich zeitgleich für drei Klassenarbeiten lernen musste, habe ich einmal einen Joker eingesetzt. Ich konnte die Aufgabe leider nicht mehr rechtzeitig abgeben. Da mir die Knobelaufgaben aber sehr viel Spaß gemacht haben, habe ich mich jeden Tag eingeloggt und versucht, die Aufgaben zu lösen. 

Am 02.01.2023 habe ich dann eine E-Mail bekommen, in der stand, dass ich beim Wettbewerb „Mathe im Advent“ einen Wichtelpreis gewonnen habe. Ich konnte es kaum glauben und habe mich total gefreut. In der E-Mail wurde ich zudem zur Preisverleihung nach Berlin am 20.01.2023 eingeladen. Meine Eltern wären auf meinen Wunsch hin sogar mit mir nach Berlin gefahren. Traurigerweise werden aber nicht alle Wichtelpreise persönlich übergeben, sondern nur der erste Preis für den Einzelsieger und die Klassenpreise. Alle weiteren Preise müssen im Foyer des Max-Kade-Auditorium der Freien Uni in Berlin abgeholt werden. Das finde ich sehr unpersönlich. Daher habe ich mich dazu entschieden, nicht nach Berlin zu fahren und stattdessen auf den Kindergeburtstag eines Klassenkameraden zu gehen. Der Preis wird mir jedoch in der nächsten Zeit zugeschickt. 

Da mir die täglichen Knobelaufgaben sehr viel Spaß gemacht haben, würde ich mich total freuen, wenn wir nächstes Jahr erneut die Möglichkeit hätten, daran teilzunehmen. Ich würde bestimmt wieder mitmachen. 

Jonas Gemmeker (Klasse 6e)

Der Countdown läuft!

Die Nervosität unter den Q2 Schüler*innen wächst. Lern – und Leistungsstress sowie Versagens- und Prüfungsängste können sich dabei negativ auf die Psyche und das körperliche Wohlbefinden auswirken. Das kann sich in Form von Unsicherheit, Selbstzweifeln, Denkblockaden oder Konzentrationsproblemen zeigen.

Um der herausfordernden Zeit der Abiturvorbereitungen gelassener und motivierter zu begegnen, steht Maria Urban, Schulsozialarbeiterin am MGS, den Schüler*innen auch in diesem Jahr wieder mit hilfreichen Ideen und Methoden zur Seite.

So fanden in der letzten Woche zwei Workshops mit den Themen „für MEHR Zuversicht“ und „für MEHR Motivation“ statt.

Theoretische Inputs wechselten sich ab mit praktischen Übungen und Entspannungseinheiten. Dabei ging es vorrangig um Selbststärkung, um mehr Optimismus, Mut, Selbstvertrauen, Gelassenheit und Struktur. Die eigenen Ziele und Ansprüche an sich selbst wurden den Erwartungen anderer gegenübergestellt. Thema war außerdem der Umgang mit akuten Stresssituationen sowie der eigenen Haltung hierzu. Persönliche Energienehmer und Energiegeber wurden ermittelt. Dabei wurden Fragestellungen erörtert wie: Was füllt meine persönlichen Batterien auf? Wie kann ich Glücksmomente vermehrt in meinen Alltag integrieren? Was führt zu einer gelungenen Work-Life-Balance?

Die Workshops fanden bereits im dritten Jahr statt. Sie sind freiwillig und wurden von den Schüler*innen gerne angenommen.

60 Jahre Elysée-Vertrag – was hat Schwelm damit zu tun? Partnerschaften auf mehreren Ebenen entsprechen den Forderungen des Vertrages

Am 22.01.1963 unterzeichneten der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer den Elysée-Vertrag. Sie wollten einen Schlussstrich setzen unter ein Jahrhundert grauenvoller Kriege und Perspektiven schaffen für ein neues Europa. Der Vertrag war auch Auslöser für unzählige Städte- und Schulpartnerschaften. Das Deutsch-Französische Jugendwerk wurde noch im gleichen Jahr gegründet. Im Jahre 2019 gab es als Ergänzung den Aachener Vertrag zwischen Emmanuel Macron und Angela Merkel: neue Gegebenheiten, die Stellung der beiden Staaten in der EU und die Anforderungen einer globalisierten Welt wurden miteinbezogen.

Wie in diesen Verträgen die vielfältigen Beziehungen zwischen den Nachbarstaaten Frankreich und Deutschland, die zwei Jahrhunderte lang als Erbfeinde galten, umgesetzt werden sollten, so hat auch Schwelm sich an diesem Vorhaben sehr aktiv beteiligt:

Einerseits auf der städtischen Ebene: In den 1990er Jahren gab es zahlreiche Austauschbegegnungen zwischen Jugendlichen und Sportler*innen der Städte Fourqueux und der Stadt Schwelm. Immer wieder hatte damals Herr Vestweber vom Jugendamt Schwelm neue Ideen für Austauschbegegnungen. 2007 wurde diese Beziehung als Städtepartnerschaft unter dem damaligen Bürgermeister Dr. Steinrücke offiziell. Vereine, die die Städtepartnerschaft zwischen Fourqueux und Schwelm organisieren und die Begegnungen engagiert umsetzen, sind auf beiden Seiten durchgehend aktiv. – Seitdem finden in jedem Jahr mindestens zum Patronatsfest in Fourqueux und kurz vorher zum Heimatfest in Schwelm und zum Feiertag des 11. November, dem Tag des Waffenstillstands des 1. Weltkriegs, und kurz darauf zum Volkstrauertag Begegnungen zwischen beiden Städten statt.  Auch im vergangenen Jahr gab es wieder diese Begegnungen, wie in einem ausführlichen Bericht darüber dargelegt wurde (z.B. WR 15.11.2022). In seiner Ansprache machte der Schwelmer Bürgermeister Stephan Langhard dabei deutlich, dass Krieg als Weg der Auseinandersetzung nicht mehr in Frage kommt. Und der Maire délégué Daniel Level aus Schwelms Partnerstadt Fourqueux trug nicht die trikolore Schärpe, um deutlich zu machen, dass es um Europa und eben seit dem Februar 2022 auch um einen Krieg auf europäischem Boden geht. Wort- und Bildbeiträge von Schüler*innen des Märkischen Gymnasiums begleiteten diese Gedenkveranstaltung.

Andererseits auf der schulischen Ebene: Bereits seit 1981 finden zwischen dem Lycée Mongazon (Angers), seit 1982 auch dem Lycée Bourg-Chevreau (Segré) auf der französischen Seite und dem Märkischen Gymnasium Schwelm auf der deutschen Seite jedes Jahr sowohl Hin- und Rücktausch von Schüler*innengruppen statt. Die Austausch-Verbindung zwischen Segré und Schwelm, die weiterhin existiert, dauert also 40 Jahre an, und der Besuch in Schwelm fand auch im November 2022 wieder statt. Anita Tromeur und Jean-Claude Fabius waren mit 19 Schüler*innen hier in der Kreisstadt, wie bereits berichtet wurde. Den Schwelmer Familien, die einen französischen Gast aufgenommen haben, sei an dieser Stelle nochmal gedankt. – In den 1990er Jahren versuchten zwei Französichlehrer des MGS (Christian Harde und Karl-Wilhelm Quabeck) Segré und Schwelm zu Partnerstädten zu machen. Vergebens. In Segré (ca. 6000 Einwohner) hatte man Angst vor der großen Stadt Schwelm (ca. 28000 Einwohner). Die Stadt Lauingen an der Donau wurde dann von Segré bevorzugt, und diese Städtepartnerschaft existiert bis heute.

Infolgedessen wird deutlich: Sowohl auf der städtischen als auch auf der schulischen Ebene hat Schwelm den alten Elysée-Vertrag, dessen 60. Jubiläum wir am 22.01.2023 begehen, in hohem Maße umgesetzt. Oft erfolgt eine finanzielle Unterstützung auf beiden Ebenen durch das oben erwähnte DFJW, die Schulbesuche aus Frankreich immer durch die Grünewaldstiftung. Möge dieses Engagement, das exemplarisch für die Aussöhnung zweier Staaten steht, weiterhin bestehen und auch Auswirkungen für andere Beziehungen zwischen Staaten zeigen.

Autorin: Friederike Thomas

Nach medizinischen Experimenten ermordet: Ergreifende Ausstellung im Märkischen Gymnasium über die „Kinder vom Bullenhuser Damm“

Unmittelbar vor Kriegsende wurden im Keller eines zuletzt als KZ-Außenlager genutzten ehemaligen Hamburger Schulgebäudes 20 jüdische Kinder und mindestens 28 Erwachsene von SS-Männern ermordet. Zuvor waren die Kinder im KZ Neuengamme zu grausamen pseudomedizinischen Versuchen missbraucht worden.  

Das Schicksal der Kinder vom Bullenhuser Damm ist inzwischen intensiv aufgearbeitet worden und nun auch Thema einer Ausstellung im Märkischen Gymnasium Schwelm. 

Zu verdanken ist dies der AG Stolpersteine, die sich nicht zum ersten Mal mit den hier behandelten Verbrechen befasst. Mitglieder der Stolpersteingruppe haben bereits die Gedenkstätte Bullenhuser Damm besucht. Mit finanzieller Unterstützung der Erfurt-Stiftung wurde zudem ein Katalog über die Wanderausstellung der Vereinigung „Kinder vom Bullenhuser Damm“ ermöglicht.

Zur Eröffnung im Atrium der Schule begrüßte die AG Stolpersteine Bürgermeister Stephan Langhard und Lothar Feldmann als Vorstand der Erfurt-Stiftung. Die Pädagogin Anke Buetz, die die AG leitet, ihre Stellvertreterin Susanne Hamm und die Schülerinnen führten die Gäste durch die Präsentation, die wohl keinen Betrachter unberührt lässt. 

Die ermordeten jüdischen Kinder waren 5 bis 12 Jahre alt, stammten aus Frankreich, Italien, der Slowakei, Polen und den Niederlanden und waren zuvor ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt worden. Von dort wurden sie auf besonders perfide Weise für medizinische Versuche ins KZ Neuengamme verbracht. „Man lockte die Kinder in ihrer Verlorenheit mit ihrer Sehnsucht nach der Mutter in die Falle“, weiß Anke Buetz. Man versprach ihnen ein Wiedersehen mit der Mama und so ließen sich gerade die kleineren Kinder mitnehmen, ohne zu ahnen, was man mit ihnen vorhatte. 

Bevor sie erhängt wurden, waren die Mädchen und Jungen medizinischen Experimenten unterzogen worden von Ärzten, die sich mit der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Tuberkulose ein Renommee verschaffen wollten, wie die Lehrerin Susanne Hamm betonte. So wurden den Kindern lebende Bakterien unter die Haut gespritzt. Hohes Fieber, Husten und Schwäche waren die Folgen. Dann wurden den Mädchen und Jungen noch die Lymphknoten unter den Achseln entfernt, was ihnen große Schmerzen bereitete. 

Mit den Kindern starben am Bullenhuser Damm zwei niederländische Häftlingspfleger und zwei französische Häftlingsärzte – Zeugen der Experimente – ebenso wie russische Kriegsgefangene. Da der Tatort zu diesem Zeitpunkt nicht als Schule genutzt wurde, bekam niemand etwas von dem Verbrechen mit.

Nicht untypisch war, dass die Aufklärung dieser Untaten nur schleppend vorankam. Zwar wurden sechs der Täter unmittelbar nach dem Krieg in britischen Prozessen zum Tode verurteilt, doch der beteiligte Arzt Dr. Kurt Heißmeyer konnte noch 20 Jahre lang unerkannt praktizieren und wurde erst 1966 zu lebenslanger Gefängnisstrafe verurteilt. Jahrzehntelang waren die Morde fast vergessen. Dann erschien 1987 Fritz Bringmanns Buch „Kindermord am Bullenhuser Damm“. Und der „stern“-Journalist Günther Schwarberg und seine Frau Barbara Hüsing nahmen die Suche von Angehörigen der ermordeten Kinder auf. 

So erfuhren Angehörige erst von diesem Zeitpunkt an vom Schicksal ihrer ermordeten Familienmitglieder. Heute ist die ehemalige Schule eine Gedenkstätte.

Erinnerung und Gedenken sollten stets in dem Bemühen geschehen, den Opfern ihre Würde zurückzugeben. Die Wanderausstellung leistet dies auch dadurch, dass sie, sofern dies möglich war, weitgehend Bilder der Kinder verwendet, die sie vor der Gefangennahme zeigten, als private kleine Menschen mit Hoffnung und Wünschen für ihr Leben. 

Die Ausstellung fragt, wo Diskriminierung beginnt und wo sich im Alltag Vorurteile verfestigen, die dann zur Ausgrenzung von Mitmenschen führen. Sichtlich berührt bedankte sich Bürgermeister Stephan Langhard für das Engagement der AG Stolpersteine. Besonders dankte er „für die intensive Aufklärung auch über die lokalen Grenzen hinweg über die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, über die zu forschen und zu sprechen wir nie aufhören dürfen!  

Schwelm, den 17. Januar 2023